Pflanzliche Drinks: Klimarettungs-Marketing hält nicht, was es verspricht

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Regionalitäts-Check zeigt auf: Nur 15 Prozent der pflanzlichen Drinks im Regal aus Österreich – Werbebotschaften zu Ökobilanz und Inhaltsstoffen mit vielen Halbwahrheiten

Pflanzliche Drinks wie Mandel-, Hafer-, Soja- oder Reisdrinks erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. So nehmen die veganen Alternativen auch immer mehr Regalplätze in Supermärkten und Drogerien ein. Das allerdings mit einem wässrigen Beigeschmack, wie ein breit angelegter „Regionalitäts-Check“ des Österreichischen und Kärntner Bauernbundes gemeinsam mit der Kärntner Jungbauernschaft und Wirtschaften am Land zeigt. Unter die Lupe genommen wurden auch die Ökobilanz und der Inhalt der Getränke. Das wenig erfreuliche Ergebnis: In lediglich 15% der untersuchten Produkte stammen die Hauptrohstoffe aus Österreich. Fast die Hälfte der pflanzlichen Drinks beinhalten Rohstoffe aus Nicht-EU-Ländern, die Drinks werden also aus aller Welt importiert.

Landwirtschaftskammer-Kärnten-Präsident Siegfried Huber und Bauernbund-Präsident Abg. z. NR DI Georg Strasser sehen die Hersteller in der Pflicht: „Das Klimarettungs-Marketing der Hersteller von pflanzlichen Drinks hält meist nicht, was es verspricht. Heimische Rohstoffe und Milchprodukte überzeugen mit kurzen Transportwegen und nachhaltigen Produktionsformen. Das sollen Konsumenten wissen.“

Fast die Hälfte der pflanzlichen Drinks stammt aus Nicht-EU-Ländern

Bei gerade einmal 27 von 178 untersuchten Drinks (15,2%) in Kärntner Supermärkten und Drogerien kommen die Hauptrohstoffe aus Österreich. Bei beinahe der Hälfte der Drinks stammen diese aus Nicht-EU-Ländern.
Neben der Herkunft kritisiert Strasser die verwirrende Kennzeichnung: „Das Verwirrspiel mit den rot-weiß-roten Fähnchen ist entbehrlich! Es kann nicht sein, dass eine bekannte Handelskette beim Eigenmarken-Produkt mit einer Österreich-Fahne auf der Verpackung wirbt, obwohl ein wichtiger Inhaltsstoff – der Rohrzucker – vom anderen Ende der Welt kommt. Es gibt auch Bio-Rübenzucker aus Österreich. Bei pflanzlichen Drinks zahlt es sich also aus, die Verpackungsrückseite zu lesen.“
55% der pflanzlichen Drinks sind Bio-Produkte. Aufgrund des EU-Bio-Siegels wird bei diesen die Herkunft der Rohstoffe gekennzeichnet. „Ohne umfangreiches Wissen wird das richtige Erkennen der Herkunft aber auch bei Bio-Produkten zur Herausforderung. Hier müssen wir die Konsumenten weiterhin sensibilisieren“, so Strasser.

Ökologischer Fußabdruck als Problemfaktor

Hersteller pflanzlicher Drinks werben mit Klimaschutz und einem gesundheitsbewussten Lebensstil, so Huber. Doch stimmt das wirklich? „Österreichweit machen Mandeldrinks den zweitgrößten Teil des Verkaufswerts aus – sie liegen beinahe gleichauf mit dem erstplatzierten Haferdrink. Dabei sind gerade Mandeln die wohl bedenklichsten unter allen untersuchten Rohstoffen“, so Huber.
80% der weltweit geernteten Mandeln kommen aus Kalifornien. Alleine die Produktion von einem Kilogramm Mandeln verbraucht bis zu 15.000 Liter Wasser. Der Wasserverbrauch jener Mandeln, die aus den USA exportiert werden, ist gleichwertig mit dem Wasserverbrauch der Großstadt Los Angeles über drei Jahre. „Da ist der lange Transportweg über den Ozean noch nicht eingerechnet“, sagt Siegfried Huber. „Bedauerlich ist aber, dass sich die internationalen Hersteller der pflanzlichen Drinks offenbar auf einen Gegner eingeschossen haben: Die Kuhmilch.“

Ökobilanz: Kuhmilch steht besser da

Einer Studie der Universität Oxford zufolge liegt der Wasserverbrauch für die Produktion von einem Liter Mandel-Drink bei 371 Litern. Einen beträchtlichen Teil dessen macht die notwendige künstliche Bewässerung aus. „Die HBLFA Raumberg-Gumpenstein hat in einer Modellrechnung den Wasserverbrauch von österreichischer Milch mit 8,35 Litern pro Liter Milch beziffert – unter Beachtung der Ökobilanz von Wasser“, so Huber. „Ein deutlicher Unterschied, der die Halbwahrheiten des Klimarettungs-Marketings aufzeigt!“

Wertschätzung muss sich in der Wertschöpfung zeigen

„Wir stellen ganz klar in Frage, ob pflanzliche Drinks wirklich so gesund sind, wie sie beworben werden“, bemängelt Huber. Pflanzliche Drinks bestehen zu 90 bis 95% aus Wasser. Viele ursprünglich in den Rohstoffen enthaltene Nährstoffe gehen im Herstellungsprozess verloren – Vitamine, Mineralstoffe, Geschmacksverstärker und Stabilisatoren müssen erst wieder zugesetzt werden. „Diese Tatsachen zeigen, dass die negative Stimmungsmache gegen Kuhmilch ins Leere geht“, so Huber.
Pflanzliche Drinks kosten im Schnitt 2,25 Euro im Regal. Der durchschnittliche Liter Milch im Regal kostet im Vergleich dazu in Österreich 1,18 Euro (Stand 2020), so Huber: „Ohne Steuer bekommt der Landwirt circa 38 Cent für einen Liter Milch, für einen Liter pflanzlichen Drink geschätzte zwei Cent. Sicher ist, dass Hersteller und Handelsketten hohe Margen bei pflanzlichen Drinks bekommen. Dass bei diesem Produktsegment sehr viel in Marketing investiert wird, verwundert nicht. Wir aber fragen uns: Wo bleibt da die Wertschätzung für die Bauernfamilien?“

Forderung: Schau auf regionale Qualität!

Marcel Wernisch, Jungbauer auf einem Milchviehbetrieb: „Ich weiß, wie viel Arbeit hinter einem Liter Milch steckt – und wie sehr die Menschen in Österreich davon profitieren.“ Aufgrund der bodengebundenen, kreislauforientierten Wirtschaftsweise hat Milch aus Österreich die beste Klimabilanz in der gesamten Europäischen Union. „Die Milchwirtschaft ist ein Teil des Grundgerüsts unserer vielfältigen Biodiversität in Kärnten“, so Wernisch. Mit der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), dem europäischen Green Deal und der „Farm to Fork“-Strategie wird es in den kommenden Jahren eine Weiterentwicklung geben, um die vereinbarten Klimaziele zu erreichen. „Wir sind bereit, sinnvolle Vorschläge umzusetzen, um noch ökologischer produzieren zu können. Wir brauchen aber auch Perspektiven. Wir wollen ein faires Miteinander und echte Transparenz.“
Der Regionalitäts-Check soll das Bewusstsein für die Lebensmittelherkunft bei Konsumenten steigern und aufzeigen, dass Kuhmilch aus Österreich klimafit ist. Wernisch nimmt nicht nur die Hersteller und Händler in die Pflicht, sondern fordert auch die Konsumenten auf: „Wer pflanzliche Drinks kauft, soll zum regionalen Hafer- und Sojadrink anstatt zum Mandeldrink aus Kalifornien greifen.“

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