Kein Widmungs-Erfordernis für Almhütten


In der Bundesverfassung ist die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit hochqualitativen Lebensmitteln aus heimischer Produktion als Staatsziel festgelegt. In der Landesverfassung bekennt sich das Land Kärnten zu einer produktiven Land- und Forstwirtschaft mit bäuerlichen Familienbetrieben. Ähnliche Zielbestimmungen enthält das Kärntner Landwirtschaftsgesetz betreffend die Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes in einem funktionsfähigen ländlichem Raum.

Für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine mittel- und langfristige Rechts- und Planungssicherheit in der Land- und Forstwirtschaft sind Rahmenbedingungen für die Errichtung und Änderung von Gebäuden und baulichen Anlagen von entscheidender Bedeutung. Die bezeichneten Vorhaben bedürfen einer Baubewilligung und im Regelfall auch einer Bewilligung nach dem Kärntner Naturschutzgesetz. Die Bewilligungen dürfen nur erteilt werden, wenn die Vorhaben dem Flächenwidmungsplan entsprechen. Diese Widmungskonformität ist besonders wichtig und Grundvoraussetzung für die Realisierung. Die relevanten Regelungen enthält das Kärntner Raumordnungsgesetz 2021 (K-ROG 2021), welches am 1. Jänner 2022 in Kraft getreten ist.

Nach der vorher geltenden Rechtslage durften in der im ländlichen Bereich häufigsten Widmungskategorie Grünland solche Gebäude und baulichen Anlagen errichtet werden, die nach Art, Größe und Situierung erforderlich und spezifisch sind. Diese Regelung hat gewährleistet, dass sich viele bäuerliche Betriebe durch Errichtung betriebswirtschaftlich notwendiger infrastruktureller Einrichtungen positiv entwickelt haben. Nach der neuen Rechtslage sind die Errichtung und Änderung baulicher Anlagen, die Wohnzwecken oder einem land- und forstwirtschaftlichen Nebengewerbe oder der Ausübung üblicher land- und forstwirtschaftlicher Nebenerwerbstätigkeiten dienen, nur dann zulässig, wenn die betreffenden Flächen eine gesonderte Festlegung als Hofstelle land- und forstwirtschaftlicher Betriebe aufweisen (§ 28 Abs 2 K-ROG 2021).

Die Landwirtschaftskammer Kärnten hat die Einführung dieser Regelung im Begutachtungsverfahren scharf kritisiert. In der Stellungnahme vom 10. September 2019 wurde ausführlich dargelegt, dass kein sachlich nachvollziehbarer Grund dafür bestehe und viele Gründe dagegen sprächen. Die Abhängigkeit von einem Widmungsakt bringt einen standortgebundenen Land- und Forstwirt rechtlich und wirtschaftlich in eine extrem unsichere Position. Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine positive Erledigung der Widmung beziehungsweise der gesonderten Festlegung. Tatsächlich wird diese in vielen Fällen erst nach langwierigen Verfahren oder überhaupt nicht erreicht werden. Der Bauer ist aber an seinen Standort gebunden. Es ist ihm nicht möglich und zumutbar, den Betrieb aufgrund einer nicht zustande gekommenen Widmungsänderung zu verlegen. Die Erhaltung eines leistungsfähigen Betriebes wird damit massiv gefährdet. Die in der Kärntner Bauordnung und dem Kärntner Naturschutzgesetz enthaltenen Regelungen und nicht zuletzt auch die Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes, welche Erforderlichkeit und Spezifität fordern, geben der Vollziehung genügend Spielraum, um die Zielvorgaben der Raumordnung zu sichern. Im Ergebnis widersprechen die neuen Regelungen über das Bauen in der Widmungskategorie Grünland den Vorgaben der eingangs erwähnten Regelungen.

Praktische Erfahrungen zeigen bereits, dass die Kritik berechtigt war. Es laufen mehrere Verfahren zur Errichtung von Almställen und Almhütten. Der Gesetzgeber hat offensichtlich nicht bedacht, dass unter den Begriff „bauliche Anlagen, die Wohnzwecken dienen“, auch Almhütten fallen könnten, welche eine Unterkunft für den Senner vorsehen und bei denen der Betriebszweck überwiegt. In der Tat beruft sich die Behörde in den laufenden Verfahren auf diese Bestimmung und verlangt die gesonderte Festlegung. Nach den Erläuterungen wurde mit der Regelung das Ziel verfolgt, eine missbräuchliche Aushöhlung der Ziele der Raumordnung zu vermeiden. Die Errichtung derartiger Anlagen widerspricht aber keineswegs den Zielen der Raumordnung, sondern dient diesen vielmehr. Das Ziel des Fortbestandes einer existenzfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft kann nur erreicht werden, wenn den Land- und Forstwirten gestattet ist, die für die Ausgestaltung eines überlebensfähigen Betriebes notwendigen baulichen Anlagen zu errichten. Almhütten und Almställe sind für die Almbewirtschaftung unerlässlich und sollten daher keinesfalls von einem Widmungsakt abhängig sein. Dasselbe gilt natürlich auch für andere betrieblich notwendige und typische Vorhaben.

Aus den angeführten Gründen fordert die Vollversammlung der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten den zuständigen Referenten für Raumordnungsangelegenheiten, Ing. Daniel Fellner auf, dahingehend eine Änderung des Kärntner Raumordnungsgesetzes 2021 zu setzen. Es wird vorgeschlagen, die Bestimmung des §28 Abs 2 des K-ROG 2021 ersatzlos zu streichen oder die Bestimmungen über das Bauen im Grünland nach Maßgabe dieser Resolution zu modifizieren.