Kärntner Bauernbund fordert einen „Green Deal“ vom Handel

„Nimmt der Handel Klimaschutz ernst, muss er österreichischen Lebensmitteln mehr Wertschätzung beimessen. Es ist nicht zu erklären, dass Handelsketten Erdäpfeln aus Ägypten, Fleisch aus Südamerika oder Gemüse aus Fernost Vorrang geben und mit unfairen und unmoralischen Preisschlachten dann noch den Strukturwandel in der heimischen Landwirtschaft befeuern. Diese „Geiz ist geil“ Mentalität in der Preisgestaltung muss endlich durch den neuen ökosozialen Grundkonsens des 21. Jahrhunderts ersetzt werden. Alles andere entspricht nicht mehr den Wünschen der Gesellschaft. Einzelne Handelsketten haben den Ernst der Lage bereits erkannt und eingelenkt, andere bleiben bei ihrer Strategie: Egal woher, Hauptsache billig“, so der Österreichische Bauernbund unisono mit den neun Länderorganisationen.

Preisschlachten schädigen Klima, Bauern und Verarbeiter

Der Internationale Lebensmittel-Nachhaltigkeits-Index reiht insgesamt 67 Länder aus der ganzen Welt gemäß ihrer Nachhaltigkeit des Lebensmittelsystems. Österreichs Landwirtschaft belegt demnach den sensationellen ersten Platz. „Die heimischen Bäuerinnen und Bauern produzieren die besten Lebensmittel der Welt – gentechnikfrei, umweltschonend und mit dem geringsten CO2-Fußabdruck in ganz Europa. Dass der Handel diese wertvollen Lebensmittel durch Aktionen verramscht und seine Marktmacht auf dem Rücken der Bauern auslebt, muss endlich aufhören. Den bäuerlichen Betrieben geht die Luft aus!“ so Bauernbund-Landesobmann Johann Mößler. In kaum einem anderen Land gibt es so viele Rabatt-Aktionen bei Lebensmitteln wie in Österreich. Die Folge dieser unfairen und unmoralischen Angebote sind unterdurchschnittlich niedrige Haushaltsausgaben für Lebensmittel pro Kopf. Laut Eurostat weist Österreich mit nur 9,7 Prozent EU-weit die viertniedrigsten Ausgaben für Lebensmittel auf. „Wenn Mineralwasser teurer ist als Milch und Tierfutter mehr kostet als Schnitzelfleisch in der Fleischtheke, dann ist das ein Zeichen, dass im Lebensmittelhandel der Wurm drinnen ist! Die Bauern produzieren unter Einhaltung höchster Auflagen und bekommen vom Handel immer weniger für ihre Produkte. Das ist unmoralisch und beschämend“, so Mößler.

Nachhaltigkeitskampagnen müssen jetzt Taten folgen

Nach zwei Katastrophen-Jahren sind viele landwirtschaftliche Betriebe in Kärnten auf eine rasche Verbesserung ihrer Einkommenssituation angewiesen. Auch Produktions- und Verarbeitungskosten steigen ständig. Dass alles befeuert den Strukturwandel in der Landwirtschaft massiv. Viele Bauern müssen ihre Höfe für immer zusperren. Nur wenn Bauern, Verarbeiter und Handel gemeinsam dem Struktur- und Klimawandel entgegentreten, kann sich was ändern. Alleine werden österreichische Bauernfamilien diese Mammutaufgaben nicht stemmen können. „Die Bauernfamilien sind der Marktmacht des Handels oft hilflos ausgeliefert. Ich fordere daher den Handel auf, sich dringend notwendigen Preisanpassungen nicht zu verschließen. Die Konsumentinnen und Konsumenten sind bereit mehr für heimische Produkte zu bezahlen, wenn sichergestellt ist, dass der Bauer einen fairen Anteil am Konsumentenpreis bekommt“, fordert Mößler die Lebensmitteleinzelhändler auf, bei der Preisgestaltung rasch umzudenken.

Bauernbund fordert „Green Deal“ mit Handel

Die EU-Kommission will mit dem „Europäischen Green Deal“ Europa in den kommenden Jahren sauberer, nachhaltiger und grüner machen. Das bedeutet auch für die Landwirtschaft, dass neue Maßnahmen zum Schutz des Klimas eingeführt werden, wie etwa die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und insgesamt weniger CO2-Ausstoß. Investitionen und höhere Auflagen sind die Konsequenz. Diese Politik muss auch der Handel mittragen. Diese Zielsetzungen kosten den Bauern viel Geld. „Der Handel wirbt mit dem Image der heimischen Bauern ist aber nicht bereit mehr dafür zu bezahlen als für importierte Lebensmittel aus industrieller Produktion. Das ist schändlich und muss aufhören. Den Nachhaltigkeits-Kampagnen müssen jetzt Taten folgen“, so Mößler, der bei einem Teil der Handelsketten Gesprächsbereitschaft ortet. „Wenn aber einzelne große Handelsketten weiterhin auf den Raubtier-Kapitalismus als ihr Geschäftsmodell setzen, werden wir nicht länger tatenlos zusehen!“ so Mößler abschließend.

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